Tom Clancy's Jack Ryan ist auch unser Jack Ryan
Es gibt Figuren im Kino und in der Literatur, die auf seltsame Weise faszinieren. Zu ihnen gehört auch der fiktive Charakter des Jack Ryan aus der Feder des Autoren Tom Clancy.
Der bei der CIA arbeitende Analyst sorgte bereits im Kino für Furore. Das erste Mal in dem fantastisch inszenierten Actionthriller JAGD AUF ROTER OKTOBER, in dem Alec Baldwin den Charakter verkörperte und der mit Sean Connery, Sam Neill, Scott Glenn, James Earl Jones, Joss Ackland und Tim Curry hervorragend besetzt wurde und zu dem Basil Poledouris eine tolle Filmmusik schrieb. In der Folgezeit übernahm Harrison Ford die Titelrolle in dem nicht ganz so gelungenen PATRIOT GAMES, um dann mit CLEAR AND PRESENT DANGER einen unterhaltsamen Abschluss zu finden. Danach verkörperte All American Guy Ben Affleck den Helden ein einziges Mal in dem nicht minder spannenden THE SUM OF ALL FEARS mit einem wunderschönen Titelthema übrigens von Jerry Goldsmith! JACK RYAN: SHADOW RECRUIT mit Chris Pine war zweifelsfrei die schlechteste aller Verfilmungen.
Nun also John Krasinski, der in diese grossen Fußstapfen tritt. Krasinski ist gerade so etwas wie der Hot Shot zur Zeit auf diesem Blog, lesen Sie dazu bitte den Beitrag von Alan Lomax zu A QUIET PLACE. Er ist aber längst kein Unbekannter, wie sie auch folgendem Beitrag entnehmen können:
http://www.lomax-deckard.de/2016/08/13-hours-the-secret-soldiers-of-benghazi-michael-bay.html
Allen übrigen Interpreten der Rolle gegenüber hat Krasinski einen entscheidenden Vorteil: Er hat 8 Folgen einer Staffel Zeit, um dem Charakter Leben einzuhauchen und ihn zu formen. Das gelingt ihm sehr gut. Sein Interpretation des Jack Ryan ist eine gelungene Mischung eines traumatisierten Soldaten, klugen CIA-Analysten und moralisch integren Menschen mit Herz. Ihm gelingt es diese sich scheinbar widersprechenden Eigenschaften gut miteinander zu kombinieren und so den Charakter glaubhaft erscheinen zu lassen. John Krasinski paart Sanftheit mit Härte und kühl-analytischem Verstand. Gerade letzteres macht diesen Clancy Charakter so faszinierend, auch sein Mut alternative Wege zu beschreiten und scheinbar abwegige Gedankengänge auch verbal zu äussern. Ein Held, genauso, wie wir ihn lieben!
Tom Clancy's Jack Ryan ist erstaunlich differenziert für eine Serie und so gar nicht getränkt von dem reaktionären Gedankengut, welches man bei Clancy erwarten würde. Ist es auf der einen Seite genau dieses reaktionäre Gedankengut, welches bei Clancy in seiner technisierten und militärischen Welt fasziniert und auch den Erfolg seiner Romane ausmacht, so einseitig und verärgernd ist die Gesinnung auf der anderen Seite. Die Welt ist schließlich nicht schwarz-weiß.
Genau an diesem Punkt weiß die Serie zu beeindrucken. Wir erleben auf der einen Seite das typische Katz- und Maus-Spiel, welches die Serie 24 berühmt machte mit einem Finale ala HEAT von Michael Mann, auf der anderen Seite wird, durchaus ungewöhnlich für Hollywood und insofern auch als ein politisches Statement zu werten (!), plastisch vor Augen geführt, wie eine Gewaltspirale entsteht, welche Faktoren sie auslösen und verstärken. Das ist die eigentliche Stärke dieser Serie. Bislang war man um differenzierte Ausleuchtung nur im Kino bemüht, etwa SYRIANA von George Clooney.
Mit dieser Gesinnung kann die Serie gerne weiter fortgeführt werden. Der Anfang ist gemacht. Dann aber mit einem besseren Schauspieler als Wendell Pierce, dem man die Rolle des James Greer zu keiner Zeit abnimmt und der mit seiner Statur und Mimik zu keinem Punkt Respekt zu versprühen vermag. Vollkommen unglaubwürdig, da war James Earl Jones um Längen besser. Alle übrigen Darsteller hingegen sind sehr gut in ihren Rollen, insbesondere Dina Shihabi ist eine echte Entdeckung.
Vom Schreibtisch,
Rick Deckard