Ein Fremder ohne Namen - Clint Eastwood
... erscheint aus der flirrenden Hitze auf einem Pferd, reitet in eine Stadt und am Ende sehen wir ihn wieder in der Hitze entschwinden.
AUS DER MELANCHOLIE HERAUS
Letztens schrieb mir Kompagnon und Mitstreiter Alan Lomax in einer Nachricht: "Trash, Trash, immer nur Trash!", als ich in einem anderen Zusammenhang auf diese Stilform verwies. Ich las bei aller Aufregung auch eine leise Melancholie aus seinen Zeilen heraus und er hatte recht: Unsere Liebe gebührt dem Kino und nicht dem Schund, der sich nicht überwiegend, aber doch zunehmend in der aktuellen Kinolandschaft breit macht. Ich war auf dem Weg zu dunklen Seite der Macht doch Jedi Lomax zog mich mit unsichtbaren Kräften dorthin zurück, wo die Leidenschaft ihren Anfang fand und am Anfang war nicht das Feuer sondern:
CLINT EASTWOOD
Einer der grössten (Western-)Helden aller Zeiten. Von Anbeginn mit Poncho und Zigarre bis hin zu seinen Spät- und Meisterwerken als Regisseur. Wenn das kein Beginn mit einer Rückbesinnung auf die Schönheit des Kinos und die Abwendung vom Schund ist! Der ideale Schauspieler und Regisseur um eine Reihe mit Klassikern auf Lomax & Deckard zu starten.
HIGH PLAINS DRIFTER
Eastwoods zweiter Film als Regisseur aus dem Jahr 1973 ist zugleich einer seiner mysteriösesten Filme und eine Verbeugung vor seinem Entdecker und Förderer zugleich: Sergio Leone.
Ich hatte diesen Western noch nie gesehen und erst als jüngst eine Blu Ray angekündigt wurde, wurde ich auf den Film aufmerksam. Bis letztes Jahr stand der Film auf dem Index (!).
Eastwood spielt einen Mann ohne Namen, der eines Tages in das idyllisch gelegene Städtchen Lago geritten kommt. Als er drei Rowdies, die ihm auf die Nerven gehen, eiskalt erschiesst, sehen die Bewohner in ihm die Lösung eines Problems. In Kürze würden drei Verbrecher aus dem Gefängnis entlassen und planen Rache an der Stadt und ihren Bewohnern zu nehmen. Aus Angst vor der Vergeltung heuern sie den Fremden an ... .
HORROR-WESTERN
Was mich am meisten an dem Film faszinierte, war die stilistische Verbeugung vor Leone. Er und andere Regisseure wie u.a. Corbucci erschufen mit vielen Western ein eigenes Genre und die Begrifflichkeit "Italo-Western" wird diesem Genre nicht gerecht, sagt sie doch nichts anderes aus als: Ein Western aus Italien oder italienischer Machart. Doch die Filme eines Leone und Corbucci sind mehr als das. Sie sind eine innovative Weiterentwicklung der amerikanischen Filmkunst.
Und genau das macht Eastwood mit seinem Western. Er übernimmt die Stilmittel, Erzählform und Eigenheiten seiner Vorbilder und entwickelt sie mit seinen eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten weiter. Natürlich gibt es etliche Querverweise auf die genannten Regisseure und die Eigenheiten der Western aus Italien, jede Menge, angefangen von der Musik von Dee Barton, über die Kamera bis hin zum berühmten Zynismus. Mit diesen vermengt Eastwood aber Eigenheiten des US-Amerikanischen Western, sei es die Ausstattung, Kleidung, die Drehorte und die Schauspieler.
Diese Melange führte zu einem Film, der für Eastwood sehr ungewöhnlich daherkommt: Mythisch, religiös überhöht und insbesondere gegen Ende geprägt von Horror-Elementen. Clint weiss zu überraschen! Einen solch kaltblütigen Killer mit zum Teil sadistischen Elementen hat man selten in der filmischen Vita des Amerikaners gesehen. Zudem lässt Eastwood bis zum Ende die Identität des Fremden offen. In der allerletzten Szene erfährt der Zuschauer wer er ist, was jedoch in der deutschen Synchronisation "unbefriedigend" aufgelöst wird. Denn die Intention des Regisseurs war eine andere, aber wer den Film aufmerksam verfolgt, der wird das Rätsel lösen.
WER BIST DU?
Diese Frage stellt Henry Fonda Charles Bronson in einem der grössten Western aller Zeiten und die Antwort ist legendär! Ein Meilenstein des Kinos. Eastwood wusste, wem er seinen Ruhm und seine Popularität zu verdanken hatte.
Alles Talent nützt nichts, wenn man keinen Förderer hat.
Aus Lago,
Rick Deckard