HUGH MASEKLA ist gestorben!
Folgendes schreibe ich nicht um anzugeben, sondern um eindeutig darzulegen, weshalb eine frühzeitige musikalische Erziehung und Sozialisierung, ohne Barrieren und vorkonfektionierten Meinungen einen Sinn ergeben. Insbesondere in heutigen Zeiten, in denen eine Ikonisierung von Musikern kaum noch stattfindet und auch das Interesse von kulturellen Zusammenhängen, nur laienhaft, weil monothematisch aufgenommen wird.
Lange, bevor mir überhaupt klar war, dass es überhaupt eine afrikanische Musikszene gab, hatte ich auf einmal 1985, den Coverkauf WAITING FOR THE RAIN von Hugh Masekela getätigt. Der kundige Schallplattenverkäufer, meinte noch rechtzeitig: „…wenn Dir sowas gefällt, musst Du Dir das Live-Album MAIN EVENT von HERB ALPERT und HUGH MASEKELA zu legen“. Insbesondere FOREIGN NATIVES die erste Nummer auf der ersten Seite, wurde mir als einzigartig empfohlen.
Die Platte war nicht ganz einfach zu bekommen. Ich rannte von Flohmarkt und Plattenladen zu Plattenladen, entdeckte zwischenzeitlich alle anderen HERB ALPERT Scheiben für mich und bekam zahlreiche Empfehlungen wie JONAE GWANGWA, FELA KUTI und insbesondere MANU DIBANGO (SOUL MAKOSSA) von den meist deutlich älteren Plattenverkäufern mit auf den Weg. So litt mein Taschengeldbeutel dramatisch, aber meine frühe Plattensammlung plusterte sich ansehnlich mit nie gehörter Musik auf.
Nicht mit New Wave oder anderen angesagten Bands, sondern mit traditioneller afrikanischer Musik, die eben auch schnell als populäre Tanzmusik verstanden wurde, nebenbei sogar von meinem zum Jazz geneigten Mentor akzeptiert wurde. Etwa drei Jahre später wurde sogar der schlimme Begriff Ethnopop (Weltmusik, noch schlimmer als Begriff, wurde bereits früher schon verwendet) von Irgendjemanden geprägt, als es Musikerinnen und Musiker, wie Ofra Haza und Mory Kanté in die westlichen Charts schafften.
Komischer Weise konnte ich mit „Aktivitäten in Richtung afrikanischer Musik“ in der Richtung von Sting, Peter Gabriel und insbesondere David Byrne (der schon damals ein großer Held für mich war) gar nichts anfangen und erst heute verstehe ich Ansatzweise wie Richtungsweisend, zum Beispiel auch Byrne’s Gründung des Labels Luaka Bop war.
Vielleicht ist man als 15-jähriger aber eben noch nicht so in der Lage, dass alles zusammenzubringen und zu verstehen. Das Denken ist ehr einseitig und weniger kontextuell und so habe ich erstmal den einfachen Weg gewählt mich tatsächlich auf afrikanische Musik zu konzentrieren und auch diese aufzulegen.
Wer in den Achtziger Jahren Platten öffentlich aufgelegt hat, weiß, dass z. B. eine Nummer wie SOUL MAKOSSA immer funktionierte, eine Nummer wie LADY von Masekela aber ein Tanzflurkiller war und man schnell zu einem Charthit oder einer The Cure Nummer umfaden musste, damit man nicht als Depp des Abends da stand. Dabei ist die 17 Minütige Nummer im 12“ mix mit COAL TRAIN (STIMELA) ein leidenschaftliches, psychedelisches und an der Grenze des Verstandes endenden besten Musikstücke auf einer 12“ überhaupt. Bitte kaufen Sie sich die Maxisingle die es häufig auf Flohmärkten unter zwei Euro gibt und meist auf orangenem Vinyl bei dem Kultlabel JIVE AFRIKA erschienen ist. Fela Kuti ist natürlich auch dabei.
Der Jazztrompeter HUGH MASEKELA ist nun gestorben. Er war sicherlich einer der bedeutsamsten afrikanischen Musiker. Er hat mit Paul Simon, Dizzy Gellespie und Jimi Hendrix gespielt und war mit Miriam Makeba (Mama Afrika) verheiratet. Politisch bedeutsam während der Aufstände in Soweto und letztendlich auch wichtig für die Befreiung des Anti-Apartheidkämpfer Mandela, weil er den Song, BRING HIM BACK HOME für Nelson schrieb und dieser zur Hymne wurde. Auch an der musikalischen Begleitung, in Form eines Musikfestivals, mit dem Willen afrikanische und westliche Musik zu vereinen, bei dem legendären Boxkampf RUMBLE IN THE JUNGLE 1974, war er beteiligt. Ein sehr politisch ambitionierter Mann, war das! Was für ein verdammter Verlust!
Über sein musikalisches gesamt Werk kann man berichten, dass es ewig zeitlose und sehnsuchtsvolle Musik bleiben wird. Die komplette Entdeckung seiner Kunst, erfordert viel Zeit, viel Geld und viel Leidenschaft. Von Hard Bob, Funk, Afrobeat (auch nicht besser!) in den 1960zigern und 1970zigern und einigen furiosen Fusion-Jazz Aufnahmen, bleiben mir vor allem seine Songs mit einer ruhigeren Gangart.
Daher würde ich als Referenz auch immer auf meine erste Masekela Scheibe WAITING FOR THE RAIN zurückgreifen und zum Beispiel das triefend schöne THE JOKE OF LIFE oder das wunderbare warme, poppige RITUAL DANCER empfehlen.
Letztendlich wäre die Musik die wir heute hören und an der wir uns erfreuen, wohl weniger vielfältig, wenn es einen Mann wie MASEKELA nicht gegeben hätte.
Die Wichtigkeit afrikanischer Einflüsse für zeitgemäße Popmusik muss nicht erklärt werden, mit den Ursprüngen und der grundlegenden Wichtigkeit afrikanischer Musik, auf den Blues, den Jazz, den Soul etc. sollte man sich informieren und verstehen, dass alles von diesem Kontinent kommt, was wir heute hören und das wir z. B. kürzlich einen MULATU ASTETKE live sehen durften und im August in HALDERN den absolut unglaublichen Seun Anikulapo Kuti verdanken wir auf HUGH MASEKELA
Dies ist ein weiterer trauriger Tag für Afrika und die Musikwelt.
Kwa Heri Hugh!
Alan Lomax