HOMELAND SEASON 6 – Gideon Raff
-Kein Spoiler-
Aufmerksamen Bloglesern wird die Idee, etwas über die sechste Staffel der inzwischen über sechs Jahre alten Serien zu lesen überraschen. Bei www.lomax-deckard.de hat die Geschichte durchaus ambivalente Gefühle hinterlassen. Es gab Begeisterung, Vergleiche zu reaktionären JOHN MILIUS Filmen und auch immer wieder viele Fragezeichen.
Allerdings auch immer irgendwie viel Neugierde und die Hoffnung, dass die guten Substanzen irgendwann mal summiert und ausgelebt werden dürfen.
Wir hatten in Bezug auf HOMELAND schon einmal treffend von Jazz, Paranoia und Psychosen geschrieben, welche sich nur auf den von CLAIRE DANES verkörperten Charakter der Carrie Mathison bezieht, sondern unter der gesamten Geschichte, die ja den Zustand der Paranoia in den USA zu beschreiben versucht, der seit 9/11 besteht.
Sicherlich würde man nun nach einer kompakten Erzählstruktur suchen, würde man im Jahr 2017 mit der Serie beginnen. Kritiker wie Rick Deckard schrieben einst im Jahre 2013, dass der Verlauf der Handlung im Grunde genommen absehbar ist. Womit er nicht unbedingt recht behalten sollte. Wie man nun die Qualität der Serie versteht, ist aber glaube ich auch davon abhängig, mit welchem Durchhaltevermögen man selbst dabei geblieben ist.
In der sechsten Staffel kommt Carrie in der Gegenwart an. Amerika steht vor der Vereidigung einer neuen Präsidentin. Carrie selbst arbeitet bei einer Rechtsberatung für zu Unrecht beschuldigte Terror verdächtige, hat ein schönes Haus, welches sie scheinbar entspannt mit ihrer kleinen Tochter Frannie bewohnt. Die Welt könnte in Ordnung sein, wäre da nicht die ständige Bedrohung von „Außen“, ihre Vergangenheit als Special Agent und natürlich die immer undurchsichtig werdenden Charakter, die genügend Input liefern um aus der Staffel ein ziemlich verschachteltes Puzzle zu machen.
Wie bereits damals schon erwähnt, Homeland ist dabei in der Summe sehr gute Fernsehunterhaltung. Das faszinierende und somit auch unbedingt erwähnenswerte daran sind aber im Grunde genommen zwei wesentliche Bestandteile.
Da ist zum einen CLAIRE DANES die immer mehr mit ihrer Rolle der Carrie Mathison verschmilzt. Und die Persönlichkeit des Charakters ständig neue Dramatik verleiht, aber auch immer neue Aspekte des Leids und der gleichzeitigen Weiterentwicklung zu intellektuellen Höchstleistungen bei steigendem Druck
Und da ist die Stilistik der Serie, die immer besser wird und auch Rick Deckard wieder „hoffungsvoll“ stimmen sollte:
Schwer nun von einer endgültigen Überzeugung zu sprechen, müsste ich aber die Serie professionell promoten, würde ich empfehlen, dass sie sich einmal die Opening Credits ansehen.
Ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass die neue Staffel in NYC spielt und sich die Anfangssequenz visuell, musikalisch und thematisch an diese Tatsache anpasst.
Nach einer kurzen Rückblende hören wir aus dem Off: „…and the home oft he brave“. Dann die Stimme von Gil Scott-Heron: „The first revolution is when change your mind about how you look at things and see there might be another way to look at it that you have not been shown.”
Dann Schwarz Weiss Aufnahmen von NYC, kurze Zitate aus dem Verlauf der Serie, genial zusammengeschnitten mit kommenden und vergangenen. Dabei entsteht bereits in dem Intro eine unendliche Spannung, die politisch korrekt und mahnend gepaart wird von dem genial editiert und gemixten Song THE REVOLUTION WILL NOT BE TELEVISED und der Stimme von Gil Scott-Heron wird.
Heron hatte den Song Anfang der 1970 geschrieben und bereits damals das Fernsehen als gefährliche Prägung für die Gesellschaft aufgerufen.
Diese ganze Sequenz ist so stark, dass sie im Prinzip alle Fernsehpreise des Jahres verdient hätte, da sie es schafft über die Credits hinweg, gleichzeitig mahnend, kritisch, politisch und tiefgehend die gesamte Textur der Erzählung und den Kontext der letzten fünf Staffel zu vereinen.
Sehr große Kunst. Sehr große Popkulutur!
Aus Chinatwown, NYC
Alan Lomax