Ständige Trainerwechsel im Fußball - Warum keine leistungsbezogenen Verträge für die Spieler?

von Rick Deckard  -  19. März 2017, 18:13  -  #Kommunikation

Ständige Trainerwechsel im Fußball - Warum keine leistungsbezogenen Verträge für die Spieler?

Das jüngste Beispiel mit der Entlassung von Roger Schmidt bei Bayer 04 Leverkusen sorgt nicht nur für Unmut, sondern gibt die höchste deutsche Spielklasse in dieser Beziehung der Lächerlichkeit und auch Hilflosigkeit preis. Was soll Herr Korkut anders machen als Herr Schmidt, um bei dieser Entlassung zu bleiben, die exemplarisch für viele andere in der Vergangenheit steht?

Machen wir uns bitte nichts vor: Fußball ist eine der simpelsten Mannschaftssportarten der Welt, in der 11 Spieler auf einem Rasenplatz versuchen den Ball in das Tor der gegnerischen Mannschaft zu bekommen, was die 11 Gegenspieler versuchen zu verhindern, um selbst ein oder mehrere Tore zu erzielen. Punkt. Mehr gibt es über diesen Sport nicht zu sagen. Er ist einfach und es bedarf der Umsetzung keiner großen Intelligenz.

Leider wird der Fußball durch die Medien immer mehr in eine Ecke gerückt, in der er falsch positioniert ist und keine Berechtigung hat. Von Spiel"Intelligenz" ist da die Rede (die gibt es beim Schach) und taktischen "Manövern" (die gibt es beim Militär). Jeder Sender hat einen "Experten", der am Ende des Spiels nachdem (!) das Spiel gelaufen ist, seine Analyse mit Kringeln und Pfeilen startet und uns allen zeigt, wie es anders hätte gehen können. Das kann man beim Schach machen, beim Fußball wirkt das alles lächerlich.

Was das mit dem Thema "Trainerentlassung" zu tun hat? Nun, das Spiel hat einfache Regeln und die Umsetzung ist nicht sonderlich schwer. Das wissen alle Trainer, die einen entsprechenden Schein gemacht haben. Ob nun Dieter Hecking, Josep Guardiola, Daniel Stendel oder ein Claudio Ranieri. Da gibt es keine Unterschiede.

Unterschiede gibt es in der Qualität der einzelnen Spieler und die kauft ein Verein nach Rücksprache (auch) mit dem Trainer. Verantwortlich ist die Geschäftsführung eines jeden Vereins und leider wird dieser Abteilung eines jeden Vereins bei Misserfolgen wenig Beachtung geschenkt. Ob eine Mannschaft in der Bundesliga Erfolg oder Misserfolg hat, liegt nicht und nie allein am Trainer, sondern es ist stets ein kollektiver Erfolg oder Misserfolg. Aber Kritik ist (in den Medien) immer personenbezogen. 

In erster Linie müssen die Akteure das auf dem Rasen umsetzen, was innerhalb einer Arbeitswoche vom Trainer und seinem Team versucht wurde zu vermitteln. Auch da dürfte es zwischen den unzähligen Trainern in allen Spielklassen weltweit keine Unterschiede geben: Kondition, Technik, Taktik. Claudio Ancelotti ist kein Zauberer, genauso wenig wie ein Christian Streich, Ancelotti stehen aber Spieler zur Verfügung, die auf vielen Positionen einfach besser sind als die bei Freiburg. Wenn ein Trainer wie Streich 5 mal in Folge kein Deutscher Meister wird, kann er mitnichten etwas dafür.

​​​​​​​Wenn eine Mannschaft, also jeder einzelne Spieler auf dem Feld, nicht das umzusetzen vermag, physisch und vom Intellekt (eines gewissen bedarf es), eine Mannschaft ein Spiel nach dem anderen verliert, warum wird dann ein Trainer entlassen und ein anderer eingestellt, der selbst zuvor mangels Erfolg entlassen wurde?

Das ist absurd!

Heute gibt es mittels der modernen Technik nach jedem Spiel Möglichkeiten, um zu überprüfen, ob jeder einzelne Spieler zumindest das geleistet hat, was von ihm erwartet wurde. Wenn der Gegenspieler besser war,  kann man das keinem zum Vorwurf machen. Unter Leistung versteht man die Energie, die während einer Zeitspanne bezogen auf diese umgesetzt wurde. Also Arbeit pro Zeit. 

Warum werden die Unmengen an Daten nicht genutzt: Laufwege, gewonnene und verlorene Zweikämpfe, Laufleistung etc. um hieraus die Spieler nach jedem Spiel leistungsgerecht zu entlohnen? Nun ist Gerechtigkeit keine Emotion, sondern ein normativer Begriff. Es müsste also vorher definiert werden, was man darunter versteht.

Fußball unterliegt dem Primat des Geldes. An Spielereinkäufe sind Verträge mit Sponsoren gebunden. Spieler"material" (!) kann man nicht einfach so in der laufenden Saison entlassen. Präsidium und Geschäftsführung sind ohnehin unfehlbar, also (!) entledigt man sich desjenigen, der der vermeintlich schwächste in der Kette ist: Der Trainer. Es gibt aber in jeder Kette nicht nur eine, sondern mehrere brüchige und schwache Stellen.

Das ist für jemanden, der die Ausbildung macht, den Schein erwirbt und sich Spieltag für Spieltag Mühe gibt, dass seine Mannschaft gewinnt, eine Demütigung, die er nicht verdient. Natürlich gibt es auch im Beruf des Trainers motivierte und weniger motivierte Menschen, wie in jedem Beruf, aber sie verantwortlich zu machen für Fehler die andere begehen ist eines: Es ist nicht fair. Und Fairness wird ja bekanntlich hoch gehalten in diesen Tagen.

Es gibt sehr viele motivierte und begabte junge Spieler, die nur darauf warten, einmal in einem der grossen Vereine zu spielen. Genug. Die Akteure auf dem Platz sollten sich dessen bewusst sein. Sie sind es, die ersetzbar sind, sie sind es, die in 90 min. das bewerkstelligen müssen, was ihnen in Videos und Tafeln an Theorie und auf dem Platz an Technik und Kondition beigebracht wurde.

Keine Leistung, keine "Knete". Das ist in jedem Beruf so.

Um nicht mißverstanden zu werden: Mir sind die Einkünfte der Spieler egal. Es interessiert mich nicht, ob jemand 100 Millionen im Jahr verdient oder 20 Millionen. Was mich als leidenschaftlichen Fußballfan interessiert ist nur eines: Bring in den 90 Minuten die Leistung, die von Dir erwartet wird, bring vollen Einsatz, lauf, bis Dir die Lunge raushängt und kämpfe. Gib alles. Verhalte Dich wie ein Profi, auch abseits des Feldes!

Es sind nicht die Trainer, die zur Verantwortung gezogen werden sollten, wenn die Euro- und Champions League Plätze nicht erreicht werden, der Abstieg nicht verhindert werden konnte. Es sind in allererster Linie die Spieler, die dem Trainer vom Präsidium zur Verfügung gestellt werden. Wenn ein Trainer Jahr für Jahr seine Mannschaft umbauen muss und dafür sorgen muss, dass alle auf dem Feld harmonieren, diese das schlussendlich aber nicht tun und dadurch Spiele verlieren, dann ist die Schuld hierfür nicht beim Trainer zu suchen.

Ich bin der Ansicht, dass wir viel ausgeglichenere und spannendere Spiele sehen könnten, wenn die auf dem Platz agierenden am Ende eines Spiels nur für das entlohnt würden, was sie auch tatsächlich geleistet haben. Auch wenn das den Weggang vieler Spieler bedeuten würde: Es gibt genug, die gerne den Platz einnehmen würden.

Fußball ist kein Spiel, was einer sonderlich grossen Intelligenz bedarf. Intelligenz ist gefragt bei denen, die sich für die Vereinsführung verantwortlich zeichnen und die sollten häufiger entlassen werden. Gelder sollten gerechter verteilt werden, damit viele Vereine die Möglichkeit haben, in jeder neuen Saison talentierte Spieler zu erwerben.

Ich liebe diesen Sport.

Aber die Trainerwechsel und auch die Tatsache, dass Bayern München jedes Jahr Meister wird, ärgern mich und langweilen mich, v.a., weil es Alternativen gäbe.

Rick Deckard

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