Captain Fantastic - Matt Ross

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  2. Januar 2017, 17:48  -  #Filme

Captain Fantastic - Matt Ross

 

Dieser Film macht es einem zunächst nicht einfach. Es fällt schwer sich der schönen Erzählung zu entziehen. Zu sympathisch sind die Kinder, zu interessant der von Viggo Mortensen gespielte Aussteiger-Intellektuelle Ben, zu schön die Landschaft, die erneute Wideraufnahme eines Roadmovies, die lustigen Episoden zwischen Spießertum und Hippietraum und zu wohlwollend der ständige Versuch nichts zu stereotyp und klischeemäßig ausfallen zu lassen. 

Wenn Sie Kinder haben wissen Sie es selbst! Jeder weiß es besser! Die Großeltern, die Nachbarn, Freunde, Bekannte, Kollegen. Verlautbart man familiäre Probleme, hat jeder eine Lösung parat. Und selbst wenn es nur ein schief sitzender Pups beim eignen Baby ist, man könnte Fragebögen an Menschen im Umkreis von 20 m verteilen, jeder wird es besser wissen, woher der kommt und wie man das verhindern könnte.

Entscheidet man sich dann nun auch seine Kinder selbstständig zu unterrichten und autark von der echten Welt in der Wildnis zu erziehen, wird man natürlich sofort als Weltverbesserer oder schlimmeres abgestempelt. Die Vielzahl der Menschen wird das sofort verurteilen, die wenigsten werden das bewerten.

Matt Ross gibt uns Zuschauern die Chance das zu bewerten und das zu lernen. Auch dafür, können Film herhalten. Leider überwiegen aber die Vorteile gegenüber den Nachteilen, weil diese nur temporär sind. Also die wenigen Glücksmomente die einem die Natur und der besondere Familienzusammenhalt beschwert, es ab dann doch die vielen Nachteile sind, die dauerhaft einen schlechten Geschmack hinterlassen. Die Weltverbesserungsnummer funktioniert nicht!

Primär stellt uns das der junge Regisseur am Beispiel des ältesten Sohnes Bodevan dar, der überdurchschnittlich intelligent ist und von allen Eliteunis des Landes angenommen wurde. Aber eben auch weil seine Eltern ihm nicht nur Jagen und Pflanzen erkennen und Feuer machen beigebracht haben, sondern ihn und seine Geschwister auch in Geschichte, Philosophie  und Literatur unterrichtet haben. Was aber nutzen einem z. b. die bildenden Künste, wenn man nur eine Platte kennt (Bach – Die Goldstein Variationen), nicht ins Theater oder Kino gehen kann und nicht in der normalen Welt interagieren kann, weil man nicht weiß, wie sie funktioniert?

Was helfen würde ist, wie immer das Beste aus beiden Welten mitzunehmen und letztendlich finalisiert die Story auch genau das! Denn nach einer fast wahnwitzigen Trennungssequenz mit den Großeltern und einem Fragwürdigen rechtlichen Entscheidungsprozess zum letzten Wunsch der verstorben Mutter, entscheidet sich Ben für das bisschen Todschlag in Form von Anpassung an die Zivilisation und schickt seine Kinder in die Schule, bei gleichzeitigem Leben in der Natur.

Etwas schade ist es, dass bei all‘ den kleinen lustigen und nachdenklichen Episoden, die Töchter von Ben weitestgehend als Randfiguren gezeigt werden. Der Film konzentriert sich da sehr stark auf den ältesten Sohn, der aber wiederum sehr eindringlich und kaum jemals vergessen von George Mac Kay gespielt, der bereits in der Serie 11.22.63. – Der Anschlag für Aufmerksamkeit sorgte.

Es ist angenehm und vielleicht gekonnt, dass die Tragik in den Hintergrund rückt, was den Film nicht weniger politisch macht und die Situationen beschönigt. Die Kunst und Besonderheit, dieser kleinen Filmperle, ist das dies ein Film über Menschen ist und nicht über eine Ideologie.

Zum Glück noch nicht im Klo runtergespült!

Alan Lomax

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