Fehlfarben - ZAKK - Düsseldorf, 10.12.2016 Lieblingsplatte Festival
Bevor Fehlfarben in der aktuellen Besetzung und zum Anlass des Konzertes mit Gründungsmitglied Thomas Schwebel die Bühne betraten, um das Referenzwerk der deutschen Popmusik Monarchie & Alltag werkgetreu aufzuführen, sehen wir alte verwackelte Schmalformat Filme aus dem Ratinger Hof.
Viele im Publikum waren dabei. Man sieht es ihnen an. Ein Hauch von Langweile stellt sich nach wenigen Minuten bei denen ein, die nicht verstehen, weil sie eben nicht dabei waren und die Filmvorführung ohne Ton stattfindet, ein Wind von Nostalgie und Freude erleben diejenigen die verstehen.
Nach der dritten Albumnummer „Das sind Geschichten“ wird klar, dass Fehlfarben sich an die Vorgabe halten und das Album Track-by-Track spielen werden. Selbst Sänger Hein, nimmt die Sache ernst, erspart sich, der Band und dem Publikum Ansagen, wirkt konzentriert, aber auch sehr motiviert. Eine Ikonisierung hat er stets abgelehnt, auch würde er bei dem Album ehr von einem sehr Guten sprechen, als von Referenzwerk. Obwohl man in seiner freundlichen Art, oftmals nicht genau weiß, ob er das nun als Understatement meint oder doch ein wenig Erkenntnis mitschwingt, das man selbst eine Ausrichtung gefunden hat, die für viele eine bedeuten bestimmte Kunstform ist.
Bei „All That Heaven Allows“ fällt mir kurz ein, was für eine tatsächlich großartige Platte Monarchie & Alltag doch ist, wenn sie sehr gut geprobt, bei gutem Sound vorgetragen wird. Danach dann „Gottseidank Nicht in England“ mit den prägnanten Gitarrenriffs und einem Peter Hein der wiedermal kurz zeigt, warum er ein so unfassbar furioser Frontmann ist.
„Das ist das Ende, Du bleibst allein!“ Obwohl 1980 erschienen habe ich Fehlfarben erst ca. 1985 entdeckt. Zu der Zeit also, als Peter Hein zu Janie J. Jones wurde und auch bei mir bereits mit Family 5 für ein wenig mehr Furore sorgte.
Denke ich nun an das Publikum heute Abend, welches überwiegend aussieht wie die Band. Denke ich an den Schmalspurfilm, den (für mich) mythischen Ratinger Hof, Monarchie & Alltag und tausendmal gehörte, getanzte und spielte Songs wie „Militürk“ und „Das war vor Jahren“. Dann denke ich auch daran, dass ichund Mitte der achtziger Jahre bestimmt nicht artikulieren konnte in welchem Themenspektrum sich nun diese Ganze für mich neue Musik darstellt. Aber ich hatte verstanden das ich hier Musik und Texte höre die mich radikalisieren und mir ein neues Lebensgefühl vermittelten.
Ich erinnere kurz daran, dass ich mit 15 Jahren in Hannover nicht die Möglichkeit hatte, jeden Tag, jemanden kennenzulernen der mir das alles erklärt. Ganz abgesehen davon, dass irgendeine Zeitschrift darüber geschrieben hätte. Die Alternativen zur verätzten und gehassten Neuen Deutschen Welle und Musik abseits des Trashs aus den damaligen Hitparaden musste man wie Trüffel suchen.
Und natürlich hat es Mitte der achtziger Jahre ja jeden Tag geregnet und natürlich war alles grau, hässlich und eingezwängt. Da konnte so eine Platte wie diese hier vorgetragene, schon mal die Wucht eines Mentors haben.
Bei der Betrachtung des Films denke ich kurz daran, wie es wohl für die sein musste, die diese Platte „Monarchie & Alltag“ vor der inneren Rebellion gehört haben und nicht wie ich 36 Jahre nach Veröffentlichung endgültig verstanden haben und 31 Jahre davor entdeckt haben?!
Das erste Set endet natürlich eindrücklich mit „Paul ist Tot“ welches noch immer relevant ist und mit der wohl tatsächlich besten deutschen Textzeile in einem Song überhaupt versehen ist. Mich hat zu dem immer dieses elegante Saxophone von Frank Fenstermacher fasziniert, welches regionale Bands wie THE CRETINS in Hannover oder auch internationale Acts wie Martha and The Muffins (Echobeach) adaptiert haben.
Und es endet mit einer kleinen gerechtfertigten Hommage an Thomas Schwebel: Die Band verlässt nach und nach die Bühne und Schwebel darf sein legendäres Riff noch einige Minuten weiterspielen. Eine schöne Idee!
Im zweiten Teil des Konzertes -Hein mit neuem Anzug- nun etwas heller, karierter- erst ohne Schwebel, einige neue und neuere Songs der Band, u. a. das tolle „Der Club der schönen Mütter“, welches sich ausdrücklich von einer Hamburger Reisegruppe die sich die „Goldenen Zitronen“ nennen, gewünscht wurde.
Höhepunkt dann vielleicht „Die wilde Dreizehn“ aus dem Album „33 Tage in Ketten“. Schwebel und Hein zusammen, passend für alle.
Die Idee Bands ein ganzes Album spielen zu lassen ist nicht neu, aber sinnvoll, wenn es sich um ein Stück Zeitgeschichte und eine echte Schlüsselrolle und Bedeutung bei einer Vielzahl von Menschen handelt.
Den kritischen Ausdruck und die politische zeitlose Wichtigkeit des Albums mal ganz Beiseite gestellt, den in erster Linie geht es an diesem Abend um gemeinsame Erinnerungen. Und das sind verdammt Gute für alle!
Aus der Mittagspause
Alan Lomax
Das Musikfestival Lieblingsplatte läuft in Düsseldorf noch bis zum 17.12.2016
Fehlfarben - Köln Luxor 07.04.2010 - www.lomax-deckard.de
Peter Hein hat einmal gesagt: „Nein, ich nehme überhaupt nichts wahr! Ich will nichts wahrnehmen. Ich bin über 40, ich kann nichts mehr wahrnehmen! Wenn man den inzwischen über 50 jährigen im...
http://www.lomax-deckard.de/article-fehlfarben-koln-luxor-07-04-2010-48229696.html
Fehlfarben und D.A.F. - Düsseldorf ZAKK - Samstag, 08. November 2014 - www.lomax-deckard.de
„Ratinger Hof präsentiert Fehlfarben und D.A.F." Wegweisend, historisch, fast museal hängt das Plakat über dem Eingang vom ZAKK. Und es gab viele die sich darunter fotografiert haben, die sons...