NARCOS - Season 2
Genau ein Jahr später! Netflix veröffentlicht die zweite Staffel der Serie NARCOS. Es ist kein Geheimnis: „El Patrón“ wird sterben! Netflix hat von Serienbeginn an klar gemacht, dass es sich hier auch um eine wahrheitsgetreue Wiedergabe der Ereignisse vor dem Hintergrund der kolumbianischen Geschichte handeln wird.
Letztes Jahr im September war ich schon angenehm überrascht. Sprach von einer großen Serie, die jedem Standard ausweicht, überragt, groß und unterhaltsam, aber auch konsequent ist: http://www.lomax-deckard.de/2015/09/narcos-jose-padilha.html
Ich bin froh, dass die zweite Staffel das bestätigt und letztendlich sogar übertrumpft. Einzig und allein Roberto Escobar, der Bruder des toten Kartellbosses, kritisierte die Staffel, da sie voller Lügen und Ungenauigkeiten sei. Eine Beratung von ihm und die subjektive Sicht auf die Serie, wäre bestimmt spaßig geworden, aber sicherlich auch absonderlich abscheulich, ebenso, wie es die gesamte Geschichte ist, die sich im Prinzip bis heute, primär in der kolumbianischen Metropole Medellín von 1980 - 1993 abgespielt hatte und hat.
Man muss diese Abscheulichkeit einfach erwähnen, da die Taten und die Motivation von Escobar und seiner Entourage so unfassbar grenzübergreifend menschenverachtend ist, dass sich sogar verfeindete Kartelle zusammenschließen, mit der Regierung kooperieren, um den Niedergang des erfolgreichsten Drogenbarons aller Zeiten zu beschleunigen.
Die zweite Staffel konzentriert sich daher immer noch nicht auf die Persönlichkeit von Escobar. Einer zwar sehr wohl faszinierenden Persönlichkeit, die von der psychologischen Basis her, aber vergleichbar mit allen mensch gewordenen Teufeln der Weltgeschichte ist.
Wagner Moura, der brasilianische Darsteller, hat Escobar bis ins Detail beobachtet, analysiert und entschlüsselt. Der etwas dickliche, immer in schlechten Sweatshirts oder Pullovern gekleidete, überhaupt nicht auffällige Mann, der viel kiffte, aber nie selbst Kokain nahm, verfällt langsam, aber sicher in eine total paranoide Spirale. Die für den Zuschauer schnell nachvollziehbar wird. Und bestimmt ist es das Besondere an der Serie, die sich stilistisch ehr mit Denis Villeneuve’s SICARIO vergleichen lässt, als mit nahliegenden Vorlagen wie den Sopranos, da José Padilha erzählerisch ehr die Konflikte zwischen Staat, Kartell und US-Regierung interessieren, als den Charakter des Protagonisten, der unergründlich für den Zuschauer bleibt, eben auch weil Wagner Moura der Rolle eine ehr seltsame Traurigkeit verpasst, bevor er den Teufel wahrhaftig aus dem Leib lässt.
Ebenso wie sich die Grenzen zwischen Gut und Böse in Villeneuve’s Masterpiece verschieben, zeigt uns auch die unglaubliche Geschichte aus Kolumbien, dass sich Dinge schnell zu spitzen und außerordentliche Situationen herbeiführt, die die Haltung des Zuschauers oftmals hinterfragt und letztendlich auflaufen lässt. Stanley Kubrick hat einmal zum Thema gesagt, dass der Krieg die menschliche Natur auf groteske, oft komische Weise hervortreten lässt und das der Krieg eine irrationale Situation ist.
Für den bisherigen Zweiteiler (eine dritte Staffel ist in Planung) kann man das so übernehmen. Die Geschichte wird immer noch aus der Sicht des DEA Agenten Murphy erzählt, der in Anlehnung an das Kubrick Zitat aus dem Off sagt, dass Gut und Böse relative Konzepte sind.
NARCOS ist durch und durch radikal und es ist nicht nur Wagner Moura’s Schauspielerische Glanzleistung, der faszinierende Blick in eine komplett fremde Welt, dass intelligente Drehbuch und die unfassbar aufwendige Produktion, es ist insbesondere die Erzählung, die das Genre auf ein neues Anspruchslevel hebt. Und davon sind nicht nur Serien betroffen, sondern auch alte Filmklassiker von Coppola und Scorsese.
Der Drogenkonsum ist übrigens nicht zurückgegangen und somit bleibt auch diese Geschichte aktuell. In Amerika wurden im letzten Jahr etwas 120 Milliarden Dollar für illegale Drogen ausgegeben. Die Frage, ob eine Legalisierung das Thema aus der Kriminalität hebt muss diskutiert werden, auch wenn die Antwort schwierig bleibt. Was aber nicht sein darf, dass sich Menschen an dieser Ware weiterhin so bereichern, dass sie so viel Geld haben, um sich damit den winterlichen Kamin anzuzünden, während ein paar Kilometer weiter links kleine Kinder auf den Koksplantagen dieser Welt als Erntehelfer eingesetzt werden, die von Ihren Eltern an Menschenhändlern verkauft wurden.
Gelingt es einer Unterhaltungsserie wie es NARCOS nun mal ist, auch auf eine wirtschaftliche Situation hinzuweisen, die real existent ist und Industriestaaten und Entwicklungsländer kaum thematisieren, ist das ein wichtiger Schritt den man perspektivisch Erwähnen sollte.
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Alan Lomax
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