Guardians Of The Galaxy - Tyler Bates
Nehmen, was man kriegen kann? Ich las diesen Satz am Ende einer Rezension in den Weiten des World Wide Web. Der Autor, der seit Jahren eine englischsprachige Filmmusik-Seite betreibt, meinte damit, man müsse angesichts der minderen Qualität der orchestralen Filmmusik in der Moderne, Musiken wie die eines Tyler Bates zu dem Film "Guardians of the Galaxy" mit Dankbarkeit annehmen.
Ein wenig opportunistisch, wie ich finde. Ich pflege da eher den ökonomischen Ansatz (der dem Grunde nach aber auch opportun ist), gerade, nachdem ich den Klang der CD wieder für mich entdeckt habe.
Gemeint ist: Die Deluxe Version zu dieser Musik entdeckte ich in der Grabbelecke eines grossen Technik-Kaufhauses zu einem besonders annehbaren Preis unterhalb der Preise der diversen Download-Portale. Ein solches Preisdumping lädt mich als Sammler immer dazu ein, eine CD zu erwerben, für die ich ansonsten niemals Geld ausgegeben hätte. Das gilt aber nur für Musik, die mich wirklich interessiert.
Den Film habe ich mir in einer gelangweilten Stunde in einem Hotel vor längerem angesehen, ich weiss nicht mehr worum es ging (typischer Effekt vieler heutiger (Superhelden-)Filme).
Tyler Bates ist mir auch kein Begriff, bis auf dass ich seinen Namen hier und dort in den Credits lese. Auch hängengeblieben war mir die Musik beim Betrachten des Filmes nicht, was jedoch keineswegs ein minderes Qualitätskriterium sein muss.
Gemessen an dem, was Bates bislang für Filme komponierte, hebt sich seine Komposition zu "Guardians of the Galaxy" wohltuend von alldem ab (wenn auch der Einfluss der Moderne und mangelnde kompositorische Qualitäten (wie bei vielen anderen Komponisten der Neuzeit) auch hier hörbar sind).
Das liegt wahrscheinlich daran, dass Bates hier mit einem grossen Orchester arbeitete und nicht so sehr den Schwerpunkt auf den Rechner legte mit den immergleichen Rhythmus-Mustern, Clustern und Endlosschleifen dröhnender Bässe.
Nicht falsch verstehen: Die Musik zu Guardians of the Galaxy bewegt sich nicht in der Liga eines Williams, Goldsmith oder Horner, auch nicht Silvestri, Debney oder (frühen) Newton Howard. Der Score ist als eine gelungene Komposition im (angedeuteten) klassisch alten Stil zu werten. Es gibt in der (überlangen) Veröffentlichung einige gute und abseits des Films durchaus hörenswerte Tracks, damit hat sich die Qualität der Komposition aber auch erschöpft. Echte Themen mit Wiedererkennungswert sucht man vergebens, ebenfalls die thematische Entwicklung von Motiven oder Variation eines Hauptthemas. Die Musik erzeugt Spannung, untermalt die vielen Actionszenen des Films und erschafft eine Atmosphäre, die dem Film vermutlich geholfen hat. Abseits davon aber vermag sie auf ganzer Länge keineswegs zu überzeugen.
Am Ende ärgert man sich nicht, sondern freut sich, dass man so wenig Geld ausgegeben hat. Schlimm im Zusammenhang mit Musik & Kunst, aber es kann nicht alles Gold sein.
Der Griff in die Grabbelecke ist und bleibt ein Glücksgriff.
Hat jemand ähnliche Erfahrungen mit dieser berühmten Ecke gemacht, auch abseits von Filmmusik?
Aus Mallorca,
Rick Deckard