Black Mass von Scott Cooper

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  27. August 2016, 23:07  -  #Filme

Black Mass von Scott Cooper

Ein Glücksgriff.

Bei der Fülle an Filmen, die in Hollywood Jahr für Jahr gedreht werden, gleicht der Griff zur Blu Ray dem nach einer Kugel bei "6 aus 45". Die Sehnsucht nach gut erzählten Geschichten ist gross, auch nach dem Kino, mit dem man in seiner Jugend aufgewachsen ist. Die eigene Sozialisation in der Kultur prägt einen für das ganze Leben, ob man will oder nicht.

Die Fabrik scheint ein Faible für die Stadt Boston zu haben. Ob The Town von und mit Ben Affleck oder The Departed von Martin Scorsese, Mystic River von Clint Eastwood oder auch jüngst Spotlight. Die Stadt im Bundesstaat Massachusets an der Ostküste Amerikas bietet immer wieder den urbanen Hintergrund für Geschichten aus dem Genre des Kriminalfilms.

Regisseur Scott Cooper wurde bereits von uns beiden bei seinem Erstling abgefeiert und der Mann scheint das gleiche Verständnis von Kino zu haben wie wir, lesen Sie Lomax' Besprechung:

http://www.lomax-deckard.de/article-crazy-heart-scott-cooper-58682090.html​

2015 nun Black Mass mit Johnny Depp in der Hauptrolle als Gangster James J. Bulger, der den Süden der Stadt beherrscht und in einen Machtkampf mit dem Norden gerät, der von der Mafia dominiert wird. Der FBI Agent John Connolly (gespielt von Joel Edgerton), ebenfalls ein Ire wie Bulger und der letzteren seit Kindesbeinen an kennt, vertraut Bulger aus Loyalität interne Informationen an, um ihn zeitgleich als Informanten zu gewinnen und seine eigene Karriere voranzubringen. Bulgers Bruder William hat es zu einem erfolgreichen Politiker gebracht und ist Senator im Staat Massachusets. Bulger verweigert es als Informant zu arbeiten, schlägt Connolly aber eine Allianz vor ... .

Black Mass von Scott Cooper

Cooper ist meines Erachtens ein exzellenter und äusserst sehenswerter Kriminalfilm gelungen, der sich qualitativ nahtlos in die Riege der o.g. Filme einreihen kann. Das liegt an der erlesenen und souverän agierenden Besetzung, u.a. Benedict Cumberbatch, Kevin Bacon und Rory Cochrane, aber v.a. an der Machart.

Optisch und technisch betrachtet ist der Film, neben der zweifelsohne fesselnden Handlung, eine Augenweide. Der japanische Kamermann Masanobu Takayanagi (u.a. Spotlight und Silver Linings) fängt die Bilder in gestochen scharfen Aufnahmen ein und bietet einen Wechsel aus Nahaufnahmen, Totalen und Halbtotalen in wechselndem Licht, die den Film allein sehenswert machen.

Diese wunderbare Fotografie ist es, die mit einem weiteren, filmisch so bedeutsamen, Stilmittel Black Mass über die Masse hebt: Der Schnitt. Weniger im Sinne künstlerischer Übergänge, als vielmehr im Zusammenhang mit dem Wort Rhythmus. Der Film ist so herrlich Old School, dass mir bei der Betrachtung immer wieder (Sozialisation) Erinnerungen an die Thriller der 70'er Jahre in den Sinn kamen.

Die Dramaturgie mit der langsamen, aber doch anhaltend intensiven und spannenden Erzählweise machen Black Mass zu einem der Anwärter auf einen der besten Film "des Jahres". Scott Cooper schafft es tatsächlich der klassischen Geschichte eines urbanen Gangster neue Seiten abzugewinnen.

Das liegt an der Gegenüberstellung von unfassbar krimineller Energie und rigoroser Skrupellosigkeit mit Geltungssucht, (falscher) Loylität und Gier. Diese beiden gegensätzlichen Tiefen der menschlichen Natur werden ausgeleuchtet von Johny Depp auf der einen und Joel Edgerton auf der anderen Seite. Das ist aber keineswegs als Duell der Protagonisten zu verstehen, sondern es sind dies die gleichen Seiten der Medaille in einem unheimlichen Wechselspiel.

Black Mass von Scott Cooper

Unheimlich ist ein gutes Stichwort um fortzufahren.

Der Film, je länger er voranschreitet, verströmt eine gefährliche und zeitweise düstere Stimmung, gerade im Kontrast mit den hellen Bildern und gewinnt zunehmend an epischer Tiefe.

Das liegt auch an dem Spiel von Johnny Depp, der in Black Mass durch die Maske dermassen entfremdet aussieht, dass es schwer ist einzuschätzen, wieviel der bestechenden Wirkung seinem Spiel und wieviel der (hervorragenden) Maskierung geschuldet ist. Depp stellt den Gangster als wahrhaftigen Teufel dar, der sein böses Spiel treibt.

Auch wenn Cumberbatch nur wenige Szenen hat, so weiss er diese zu nutzen und überzeugt durch seine nuanciert minimalistische Mimikund v.a. durch seine Physis.

Joel Edgerton (exzellente Frisur!) überzeugt ebenfalls als FBI-Mitarbeiter auf der ganzen Linie.

Kevin Bacon ist bekanntermaßen ein sehr guter Schauspieler.

Der Titel Black Mass ist übrigens klug gewählt.

Scott Cooper ist nach Crazy Heart ein weiterer Coup gelungen und die Laufbahn dieses Schauspielers und Regisseurs werden wir mit Spannung weiter verfolgen.

Beeindruckend!

Rick Deckard

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