Spotlight - Tom Mc Carthy
Wiedermal Boston! Die Handlung setzt im Jahr 2001 ein! Wir lernen das Spotlight-Team der Tageszeitung Boston Globe kennen. Walter Robinson (Michael Keaton), Mike Rezendes (Mark Ruffalo), Matt Carroll (Brian d’Arcy James) und Sacha Pfeiffer (Rachel McAdams) sind ein für investigative Story gegründetes Redaktionsteam. Vom neuen Chefredakteur (Liev Schreiber) bekommt das Team die Aufgabe Nachforschung zum Kindesmissbrauch eines katholischen Priesters anzustellen.
Schnell stellt sich heraus, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt, sondern um ein ganzes System von Geheimhaltung und Schweigen.
Skeptisch reflektierte Kollege Rick Deckard im Mai diesen Jahres einen unserer ewigen gemeinsamen Lieblingsfilme „Die Unbestechlichen“ von Alan J. Pakula und resultierte am Ende seines Blog-Eintrags, dass „solche“ Filme (Spotlight hatte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht gesehen) zu schnell verpuffen, weil sie nach dem schöden Mammon gieren und Sensationslust generieren wollen statt Qualität. http://www.lomax-deckard.de/2016/05/die-unbestechlichen-alan-j-pakula.html
Womit er ja recht hat! Denn offensichtlich trauen die Studios den Zuschauern nicht mehr zu, sich eine eigene Meinung zu bilden und einem feinen, ruhigen Handlungsverlauf zu folgen, der ohne Action, Witz und spektakulären Bildern auskommt.
Und daher ist es umso erstaunlicher das es „Spotlight“ überhaupt gibt. Denn der Oscar prämierte Streifen ist im besten Sinne ein Schauspielerfilm, der das aussterbende Handwerk des Journalisten zeigt und ganz nebenbei ein erstzunehmendes Thema behandelt, welches von der Journalistenseite gezeigt wird und es so schafft ein eigenes, weniger emotionales, wütend machendes Profil zuzeigen, welches vielleicht emotional verklärt, sondern ehr an die Intelligenz des denkenden Menschen appelliert, um gegen eine solche Macht wie es die katholische Kirche nun mal ist, vorzugehen.
Gleichzeitig ist dieser Punkt, das eigentliche erzählerische Wunder, welches Regisseur McCarthy hier vollbringt: Sich auf die Essenz der Geschichte zu konzentrieren und sich nicht von der gewählten Perspektive zu entfernen. Filmliebhaber mit einem Hand zum Modernen, werden diesem Motiv, Purismus und cineastisches Alter vorwerfen, ich jedoch finde, dass es eben die geschlossene, ruhige und essentielle Erzählstruktur ist, die diesen Streifen zu einem gesellschaftlich, politisch und künstlerisch wertvollen Film des Kinos macht, der sich ab sofort hinter Pakula’s Masterpiece einreihen lässt.
Tom McCarthy’s SPOTLIGHT ist ein bodenständiger, klassischer Film. Mit dem ewig in schlechtes Wetter getauchten Boston (McCarthy kennt sich in dieser Stadt, seit der TV-Serie THE WIRE bestens aus) hat er eine ebenso grandiose Wahl getroffen, wie mit seinem Ensemble. Und hier muss man wirklich alle nennen: Stanley Tucci hatte ich noch vergessen!
Widerspruch muss nicht immer Programm sein! Denn wenn die Kirche zum Wegschauen ermahnt, ermahne ich zum Hinschauen! Dieser Film sprengt Ketten, überwindet Genres, gibt einen den Glauben ans Kino zurück und hinterlässt einen doch ärgerlich und aufmerksamer und nicht NUR wütend!
„Wenn es, wie man sagt, ein ganzes Dorf braucht, um ein Kind großzuziehen, dann braucht es genauso ein Dorf, um es zu missbrauchen.“ Stanley Tucci, Anwalt der Opfer
Alan Lomax