ANDROMEDA - Tödlicher Staub aus dem All

von Rick Deckard  -  21. Mai 2016, 23:44  -  #Klassiker

ANDROMEDA - Tödlicher Staub aus dem All

Ein Film, der von seiner Thematik und Aktualität nichts eingebüßt hat und der Zeit, in der er gedreht wurde, weit voraus war.

Das Genre des Science-Fiction Film ist ein schweres, weil die Balance Anspruch und Unterhaltung in der Waage zu halten kaum möglich ist. Es gilt Wissenschaft mit Fiktion zu verbinden, was naturgemäß immer nur spekulativ sein kann und diese Vision kann gelingen oder misslingen, was für einen Film den Ruin bedeutet. Das ganze mit Unterhaltung zu paaren, das ist die grosse Kunst. Das Publikum will nicht ausschliesslich mit Fakten konfrontiert werden, sondern den Alltag für 2 Stunden vergessen.

Die Historie dieses Genres zeigt, dass Erfolg und Misserfolg nur eine dünne Membran trennt und wie selten Filmen ein Erfolg vergönnt ist, bzw. der Balanceakt gelingt. Die allermeisten Filme aus diesen Genre führen ein Nischendasein, sind Cineasten geläufig oder geniessen Kultstatus. Sie sind nur wenigen Menschen bekannt und werden nur von einer kleinen Gruppe bewundert.

Vieler dieser Filme haben dieses Nischendasein nicht verdient und THE ANDROMEDA STRAIN (Originaltitel) ist einer von ihnen.

Der sehr versierte und was die Unterhaltung betrifft erfahrene Regisseur Robert Wise drehte den Film 1971 nach einem Drehbuch von Nelson Gidding, der wiederum das Erstlingswerk von Michael Crichton als Vorlage nahm. Crichtons Romane wurden fortan reihenweise von Hollywood verfilmt, den wenigsten Verfilmungen war ein Erfolg an der Kasse vergönnt mit Ausnahme von Jurassic Park. Abseits davon drehte Autor Crichton selbst einen Klassiker des Genres: WESTWORLD (neben COMA). Der Science-Fiction Thriller mit Yul Brynner als Gunslinger wurde zur Blaupause für einen weiteren Klassiker des Genres: TERMINATOR.

Was ANDROMEDA sehenswert macht ist seine Thematik und v.a. wie sie filmisch umgesetzt wird. Erstaunlich das Setdesign und auch die hervorragenden Special Effects, was nicht verwundert, denn ein Meister seines Fachs war am Werk: Douglas Trumbull (für mich einer der grössten Visionäre und Special Effects Designer aller Zeiten, ein Genie).

Die Geschichte ist denkbar einfach: Eine Sonde des Militärs stürzt ab und am Absturzort sterben die Bewohner eines kleinen Dorfes unmittelbar danach und keiner kann sich erklären warum. Aus der Not wird ein Team von Experten, Wissenschaftlern zusammen getrommelt, die auf einer geheimen und eigens hierfür geschaffenen Basis mit ihrem Wissen versuchen, dem Phänomen auf die Spur zu kommen. Dazu müssen sie die Sonde untersuchen ... .

Dieser Findungsprozess, dieser Prozess der wissenschaftlichen Entdeckung und Suche ist es, der den Film hervorhebt. Crichton war zum Zeitpunkt der Romanfertigstellung Arzt und befasste sich in seiner Recherche mit unzähligen Arbeiten zum Thema. Das hört und sieht man ANDROMEDA an. Eigentlich ist der Film auch ein Techno-Thriller wenn man so will. Mit den Mitteln der modernen Technik und Wissenschaft versuchen die Wissenschaftler Schritt für Schritt  das Problem zu lösen. Das zu beobachten macht den Reiz aus und ist zudem hoch spannend erzählt und das obwohl keine Szenen aus dem Weltall, keine Aliens, keine Action-Szenen darin vorkommen. Trotz der Tatsache, dass ganz nüchtern ein Findungsprozess der rote Faden in der Narration darstellt, trotz dieses Umstandes fesselt der Film, der Thrill ist ständig gegenwärtig.

Genau in diese Phase der Problemlösung eines unerklärlichen Phänomens webt der Autor ganz geschickt eine Fiktion ein und die ist so unscheinbar und so schlicht aber dennoch so effektiv, dass man Demut vor der Natur und den Geheimnissen das Alls empfindet. Size doesn't matter.

ANDROMEDA ist visuell-ästhetisch ein Hochgenuss. Das Design des Labors, die technische Ausstattung sind derart gestaltet, dass sie zeitlos wirken. Wenn man bedenkt, dass der Film vor mehr als 40 Jahren gedreht wurde, fürwahr eine visionäre Leistung.

So wie Alan Lomax von Silent Running begeistert ist, so ist meine Begeisterung auch für diesen Film zu verstehen. Beide Filme beschäftigen sich mit den Mitteln des Kinos mit einer Vision und wurden zu Klassikern des Genres.

Ausserdem merke ich, gerade wenn ich an Douglas Trumbull denke, wieviele Filme auf diesem Blog noch nicht besprochen sind ... .

Lomax hat gerade eben mit ZODIAC erstklassig begonnen.

Aus Nevada,

Rick Deckard

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