Ohne Limit - Neil Burger
Es gibt zu viele Filme.
Jedes Jahr erscheint eine immense Flut neuer Filme in den Kinos und so viele Veröffentlichungen älterer und neuerer Filme auf DVD oder blu-ray im Handel, dass es kaum möglich ist, als leidenschaftlicher Cineast, "alle" zu sehen. Den Anspruch erhebe ich erst gar nicht, aber viele Filme gehen dadurch in der Masse leider unter, häufig dem Umstand geschuldet, dass der Fokus auf die Medien gerichtet ist, ob nun Internet oder Print-Medien und die lancieren ja bekanntlich "the big ones".
Nun ist 'Ohne Limit' aus dem Jahr 2012 sicherlich kein Arthouse- oder Independent-Film, dafür ist er zu prominent besetzt und wurde seinerzeit bestimmt kräftig umworben. Trotzdem fiel mir der Film seinerzeit nicht auf. Das lag vermutlich daran, dass Robert De Niro sich bereits seit Jahren dem "Mainstream" verschrieben hatte, wen wundert es nach all jenen brillianten schauspielerischen Leistungen, und ich neuen Schauspielern gegenüber eher "konservativ" eingestellt bin (Bradley Cooper).
Ein Fehler, wie sich gestern herausstellte.
Der Schriftsteller Eddie Morra, (gut) gespielt von Bradley Cooper, lebt in New York und ist ein erfolgloser Schriftsteller. Eines Tages begegnet er zufällig auf der Strasse seinem Ex-Schwager, der ihm ein neuartiges "Medikament" zur Probe mitgibt, welches wissenschaftlich geprüft sei und bald eine Freigabe auf den Markt erhalten solle. Von der Seriosität überzeugt nimmt Morra die Pille in einem Augenblick, in dem die Tochter seines Vermieters ihn auf dem Hausflur nervt. Binnen eines kurzen Zeitraumes ändert sich alles für ihn: Er kann besser wahrnehmen, sich an Informationen erinnern und sie abrufen, er steigert seine Intelligenz um ein vielfaches und kann sich wie von magischer Hand konzentrieren. Binnen kürzester Zeit schreibt er sein Buch fertig und wird im Weiteren ein shooting star unter den Investmentbankern ... .
'Ohne Limit' ist ein packend erzählter Thriller, der gelegentlich Drehbuchschwächen offenbart und hier und dort die Logik vernachlässigt, was aber kaum ins Gewicht fällt, weil er in der Summe viel zu gut unterhält und das über die gesamte Länge.
Was mir an dem Film besonders gut gefiel, war die Geschichte die er erzählt und v.a. der Traum mit dem er handelt. Im Grunde geht es um Neurobiologie, bahnbrechende technische Errungschaften, Erweiterung des Bewusstseins und Nutzen der gegebenen Fähigkeiten. Man könnte auch Friedrich Nietzsche und die Philosophie seines "Übermenschen" in diesem Zusammenhang bemühen (nichts anderes sind die ganzen Superhelden). Auf dieser Ebene ist der Film mindestens genauso interessant wie auf der Thriller-Ebene.
Quentin Tarantino sagte irgendwann einmal über irgendeinen Film, den er gut fand:
"That's why they call it motion picture!"
Genau dieser Satz fiel mir gestern wieder: Filme sind, auch wenn das sehr offensichtlich klingen mag, eine Symbiose aus Bild & Ton und er lebt in allererster Linie durch die Bilder.
'Ohne Limit' ist in dieser Hinsicht eine Wucht. Bereits die hypnotische und fantastisch gefilmte Titelsequenz lässt den visuellen Stil im Weiteren erahnen, im Kino muss das ein berauschendes Erlebnis gewesen sein. Liest man bei Wikipedia nach, so erfährt man dort, dass Filme, Fotografien und YouTube-Clips (!) die Grundlage bildeten in den Sequenzen, in denen Eddie Morra auf Droge ist. Diese Bilderfolgen sind packend und die Arbeit des belgischen Kameramanns Jo Alfons Willems ist beeindruckend.
Die Verfilmung beruht auf dem Roman des irischen Schriftstellers Alan Glynn und nach Recherche zu seiner Person schlossen sich die Kreise, denn nicht von ungefähr fühlte ich mich an den legendären Philip K. Dick erinnert. Viele der Romane von Glynn werden dem Cyberpunk zugeordnet, einem Subgenre der Science Fiction Literatur, das dystopisch ausgerichtet ist, also düster und pessimistisch, zudem den Kapitalismus kritisierend.
Genau diese Elemente findet man in 'Ohne Limit' wieder, wenn auch, und das ist der sehr positive Aspekt dieses Filmes, die Drehbuchautorin Leslie Dixon es wagt neue Wege zu gehen, was den Film aus der Masse hervorhebt. Interessante Alternative ...
Ich lege persönlich immer grossen Wert auf das Ende einer Geschichte, weil nur dann wenn dieses gelingt, sich die Zeit vor dem Ende bis zum Anfang gelohnt hat.
Es gibt unter den vielen Filmen auch immer wieder gute, wenn nicht herausragende Filme: 'Ohne Limit' ist ein Beispiel für letzteres.
Ach ja: Lomax schien vor 6 Jahren zur nahezu gleichen Zeit des Jahres sich ähnliche Gedanken gemacht zu haben. Das ist kein fake, ich habe die Suchfunktion dieses Blogs erst am Ende der Besprechung benutzt, weil mir der Name des Regisseurs Neil Burger so bekannt vorkam ... :
http://www.lomax-deckard.de/article-d-41982692.html
Auch dieser Film ist eine sehr fette Empfehlung!
Aus New York.
Rick Deckard