Birdman - Alejandro González Iñárritu

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  13. September 2015, 11:21  -  #Filme

Birdman - Alejandro González Iñárritu

Lieber Rick Deckard!

Diese kurze Filmbesprechung schreibe ich Dir persönlich als öffentlichen Brief. Und zwar aus zwei Gründen: Einerseits unterstelle ich Dir einmal, dass Du die gleichen Gründe gehabt hast diesen Film bis dato zu meiden. Andererseits möchte ich Dich gerne darauf aufmerksam machen, dass insbesondere dieser Film, viel mit unserer gleichsamen Philosophie über das Kino zu tun hat.

Grundsätzlich stehen wir beide sogenannten Arthouse bzw. Independent Filmen ersteinmal skeptisch gegenüber und würden jeden vermeidlichen großen Film bevorzugen. Natürlich steht einem Film wie Birdman eine gewisse Neugierde gegenüber. Und das nicht zu letzte wegen dem interessanten Cast, aber auch wegen den vielen interessanten Kriktiken den dieser Film bisher bekommen hat! Gleichsam aber, hasst Du genau, wie ich behäbiges Kino für Intellektutelle, die sich für was besseres halten, weil sie in verpeckte Studentenkinos für € 5,00 gehen und einen kleinen Film, vor dem großen Kino -wie wir es kennen- bevorzugen. Was ok und ihre eigene Entscheidung ist, aber auch wissentlich unser Menschenkenntnis gegenüber, dass diese Typen subjektiv wie ein zentraler Kassenautomat sind und nix anderes als die Fahrkarte ihrer eigenen Verkehrsbetriebe zu lassen. Grundsätzlich sind wir genauso, lassen uns aber gerne überreden, falls es doch anders sein sollte.

Zu Birdman: Ich gebe zu, dass es mühelos möglich ist, diesen Film zu hassen oder ihn so gar als Zumutung zu verstehen. Es fängt an mit diesen ganzen schlimmen egoistischen und hysterischen Charatkere in diesem Film, die ganz klar dem Theater zugeordnet werden müssen. Der Handlung könnte man auch unterstellen, dass sie nicht existent ist und im Prinzip nur davon handelt, dass es um einen Ex-Comic-Filmschauspieler geht, der ein Theaterstück inszeniert. Und letztendlich kommen wir schon bei der Wirkung des Filmes an, der für ständige Kinogänger eine Oase der Selbstspiegelung darstellt und ein Fest für die Darstellung von sehr, sehr guten Schauspielern. Und natürlich wird der Kenner davon schwärmen wie genial Emmanuel Lubezki's Produktions- und Kameraarbeit ist, er wird von langen One-Shoots erzählen, genialen Übergängen und final von einer technisch-virtuosen Leistung sprechen. 

Und ja ich schreibe Dir, lieber Rick, persönlich über diesen Film, weil man diesen Film auch lieben kann. Man kann sich vollständig auflösen in diesen tollen Bildern, in der Intelligenz der Komplexität und der Sicht in die Gehirne der Hauptdarsteller Michael Keaton und des immer unfassbaren Ed Norton. Die sich beide merkbar selbst spielen, bis auf die buchstäblich zitierte Haut. Ich könnte alleine wochenlang davon schwärmen wie toll es ist, nur das dissonate Schlagzeug eines Antonio Sánchez als Filmmusik zu verwenden. Außerdem würde ich Dir gerne davon berichten, dass dieser Film cineastische Wahrhaftigkeit besitzt. Aber! Ich stehe genau wie alle andere Menschen die das Kino lieben und diesen Film gesehen haben und ich meine insbesondere die jenigen für die das Kino mehr ist als Freitagabendunterhaltung, also jene die davon leben, darüber zu schreiben oder eben wie wir, die eine Art fatale romantisierende  Liebe zu dieser Kunst haben. 

Und schon bin ich beim Ende des Briefes und der Macht der Ahrnungslosigkeit! Wir zwei haben uns noch nie als Kritiker verstanden und haben auch deswegen diesen blog ins Leben gerufen. Um einfach einmal anders über den gesehen Film zu berichten und diese Sicht der Dinge zu dokumentieren. Frei von Techniken, Allüren und Kommerz oder gar Druck einer Redaktion oder eines Filmverleihers. Sondern, ja doch auch wieder eitel und arrogant, auch einer Art Meta-Ebene, weil wir uns absetzen wollen von den Profis, die eingeschränkt erleben und berichten. 

Nach ungefähr einer Stunde Birdman, sollte man sich nicht zu früh entscheiden und den Kopf, das Herz und den Verstand einfach abschalten und sich dem Fluß, vielleicht sogar dem Sog des Filmes hingeben, bis diese denkbare Sequenz kommt, wo Riggan Thomson, der inzwischen nicht mehr sicher ist wer er ist und ob er das richtige macht, in einer Bar die Theater-Kritikerin der New York Times trifft.

Diese bezeichnet den Ex-Blockbuster-König als Hampelmann im Superheldenkostüm und schert gleichsam einen Kamm über all' diese Anti-Schauspieler, die dasTheater und eine Kunstform damit schänden. Außerdem kündigt sie direkt an, dass sie Thomson Theaterstück verreissen wird, ohne das sie es gesehen hat.

Der Zeitpunkt, die Intentisität und die unfassbare Arroganz der Kritikerin sind der Geniestreich des Filmes und die Schlüsselszene des Filmes, die Birdman zu dem macht, was dieser Film in Wirklichkeit ist, nämlich ein gleichsames Klage- und Lobeslied über das zeitgenössische Kino. 

Natürlich muss ich unweigerlich an unsere Liebe zu den ganzen Comicverfilmungen der letzten Jahre denken und natürlich ganz insbesondere an Nortons Darstellung in den von uns beiden so geliebten Blockbusterstreifen "Der unglaubliche Hulk". 

Alleine weil BIRDMAN auf famose Art und Weise unsere Schauspielerische Helden auf schönste satirische Art und Weise in Schutz nimmt, ach was ein Denkmal baut, empfehle ich Ihnen diesen Film. Völlig davon losgelöst, ob der Streifen nun tatsächlich die filmische Kraft hat der ihm zu oder abgesprochen wird. Der Film ist eine Befürwortung für eine Zeit des Kinos, die viele Kritiker hat, aber eben auch leidenschaftliche Fans, die der Kraft des Kinos noch immer vertrauen und für die Film eben mehr ist als eine Unterhaltung für ein paar Stunden. 

Aus diesem Grund möchte Ihnen, Rick Deckard, diesen Film empfehlen! A THING IS A THING, NOT WHAT IS SAID OF THAT THING hat der arme Riggan Thomson als Notiz am Spiegel seiner Gaderobe hängen. Natürlich ist das ein Zufall....

Ihr ewig aufmerksamer

Alan Lomax

P.S.: Zum Schluß noch ein Wort zu Michael Keaton. Wenn man die Attribute Naturalismus, Präsenz und Timing nimmt um einen guten Schauspieler zu beschreiben und diese dann in einer Wertetabelle von 1-10 setzt, bekommt Keaton 30 Punkte. Irgendwie ist seine Leistung nicht nur beeindruckend, meisterlich oder wahrhaftig. Es ist die Rolle seines Lebens. Und man kann nun zu diesem FIlm stehen wie man will, Keatons Part ist es tatsächlich wert, sich diesen FIlm anzusehen. Es ist nicht nur Riggan Thomsons Theaterstück, sondern auch Keatons Film. Bis zur sprichwörtlichen, sagenhaften Unsterblichkeit!

 

 

 

 

 

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