Mark Ronson - Uptown Special

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  27. Februar 2015, 14:07  -  #Populäre Musik

Mark Ronson - Uptown Special

"Verstehst du, was es heisst, irgendein bescheuertes kleines Musikstueck oder eine Band so masslos zu lieben, dass es wehtut?"

Die großen, erwähnenswerten Welthits der letzten 3 Jahre waren das grandiose „Get Lucky“ von Daft Punk, geschrieben von der Chic-Legende Nile Rodgers und das Blue-Note-lastige „Happy“ von Pharell Willams. Kein Wunder, denn beide Songs haben viel gemeinsam. Natürlich den Einfluss des Neo-Souls, die synkopierte Melodik und eine gewisse positive Grundstimmung.

In Zeiten wo Musik ehr verschwindet, als das sie auffällt, kann es auch nur gut sein, wenn sich wenigsten ein paar Musiker zusammenschließen, um dieser Botschaft zu wieder streben.

Denn Musikpolizisten aller Genres können aufschreien, wenn diese Nummer laufen und sie können quälend abwinken, aber sie können nicht ignorieren, dass diese Songs eine zeitlose Eleganz aufweisen und zudem mit den beteiligten Musikern Andrew Coleman, Leslie Brathwaite und Omar Hakim, Nathan East eine ausgezeichnet Handwerkskunst vorweisen.

Thomas Bangalter (Daft Punk) sagte zu dem immer noch famosen Album RANDOM ACCESS MEMORIES, dass es auch darum ging, mit den Leuten Musik zu machen, die sie selbst bewundern.

Und jetzt legt Mark Ronson nach. Ausgerechnet UPTOWN FUNK mutiert zu einem weltweiten Hit, den man beim ersten Mal hören gar nicht glaubwürdig wahrnehmen kann, beim zweiten mal denkt, was ist das denn für ein sauberer Neo-Funk und bereits beim dritten Mal hören weiß, dass diese parliamentarische Philly-Disco-Funk-Nummer lebenslänglich in einem drin bleibt. Das ist nicht retro und auch nicht vintage und auch keine Re-Imagination von, sondern es ist Funk!

Ronson orientiert sich an RANDOM ACCESS MEMORIES. Er vereinigt eben so viele musikalische Legenden auf dem Album UPTOWN SPECIAL zusammen, wie die beiden französischen Genies und Dimensioniert das Album literarisch mit den Texten des Autors Michael Chabon (Telegraph Avenue), während die beiden Kraftwerk kopierten Roboter nur Moroders Idee des guten Laune Diskosongs als weitere Ebene benötigten.

Jetzt kann man streiten, ob Ronson eben mehr oder weniger künstlerisch und voller oder halb-leerer der Inspiration ist! Letztendlich ist das aber eben egal. Denn ob es nun der kreative Williams, die genialischen Daft Punk oder eben der schlaue Ronson ist, was bleibt ist die Musik. Und diese wird hier Ausnahmsweise mal wieder an die Front gestellt. Abgesehen von dieser Soul-Renaissance könnte man auch noch die FOO FIGHTERS und DAVE GROHL nennen, die sich ebenfalls auf der Suche nach ihren Wurzeln befinden, um diese bewusst weiterzuführen (Sonic Highways).

"Manche Leute tun sich schwer darin zu erklären, was Rock`n`Roll ist. ich glaube niemand kann so richtig erklären, was Rock`n`Roll ist. Rock`n`Roll ist eine Lebensanschauung und ne Denkweise. und dabei gehts nicht um Geld und Popularität."

Kritsch könnte man nun hinterfragen, ob es denn außer der Evolution der alten Genres keine neuen Ideen gibt. Denn z. B. im Jazz kommt ja kaum noch ein Album der großen 20 weltweit spielenden Musiker raus, auf dem nicht mindestens 40 % alte Kompositionen wieder und wieder durch gekaut werden.

Revolution findet in kleinen Teilmengen in der elektronischen Musik für den Underground statt, in etwas größeren Happen vielleicht noch im HipHop. Wahrnehmbare neu Erfindungen bleiben aus. Der Subpop stirbt, ebenso die Subkultur. Finden wir uns also langsam, endgültig damit ab und unterscheiden tatsächlich nur noch nach guter und schlechter Musik?

Schwarz oder weiß, die grüne oder die blaue Tablette, ist das Glas halbleer oder halbvoll. Schon immer hat mir die mathematische Idee gefallen, dass minus und minus, plus ergibt. Daher glaube ich weiterhin an den menschlichen Geist etwas zu verändern. Und ich höre zu lange Musik, als dass ich jetzt einfach aufgeben würde. Trotzdem will ich mich nicht gegen solche Spaß fördernden Alben stellen, wie ich es mit UPTOWN SPECIAL seit einer Woche vorliegen habe.

"Leg dir Tommy auf, zünd eine Kerze an und du wirst deine Zukunft erkennen."

Es fängt an mit UPTOWN FIRST FINALE und das Herz geht bereits nach 10 Sekunden auf. Denn man hört Stevie Wonders unvergleichbare Mundharmonika, die sich dann an das etwas müde klingende SUMMER BREAKING anreiht, welches unter 30-jährige Online-Redakteure dazu verleitet, diese Album als makellose Durchschnitts Ware zu bezeichnen, obwohl ihre eigene Pet Sounds Platte, wahrscheinlich HIER von SELIG ist. Ey, mal ehrlich Leute, Kritiker und Schreiberlinge, hört Euch erstmal ein paar DELFONICS und CURTIS Mayfield Scheiben an und versteht das es ohne Rhythm and Blues und unendlich vielen Runaway Songs, keine coolen Soulmomente gegeben hätte.

Bei diesen ganzen Albumbesprechungen die im Internet so auf 100 Zeilen rum schwirren, frage ich mich tatsächlich immer, welche Tat die Autoren begangen haben um diesen Müll schreiben zu müssen. Ärgerlich, klar, aber abgehakt, werden die Neo-Liberalen Zurücklehner sagen, ich aber sage, verbietet diese nutzlosen Plattenbesprechungen, denn sie verbreiten einen Gleichmut für Musik bei den Runterladern, die nicht eine ganze Armee von Musik-Empathen wiedergut machen können.

Wie gesagt, es ist einfach, das Glas für halbleer oder voll zu betrachten, wenn man die Encyclopedia of Pop, Rock and Soul nicht kennt oder sich zumindest nicht nur einmal bei PEOPLE GET READY gefragt, ob jemals ein besser Song geschrieben wurde. Oder eben auch schon mal Spaß für eine Nacht mit einem Gap Band Album, einer Chaka Khan- oder einer fusionierten Jazzpopnummer á la Tom Scott gehabt hat.

Russel: "Man vergisst wie, wie sich die Begeisterung anfühlt. Man hörts den meisten Bands an. Die machen keine Musik mehr, nur noch so ne Art Dienst nach Vorschrift, nur um nicht wieder abzustürzen." (…)

Das streitbare an dieser Scheibe ist eben genau diese Aussage von Russel (Stillwater). Marc Ronson wird häufig dieser Dienst vorgeworfen, weil man ihm bereits bei seiner unvergesslichen Zusammenarbeit mit Amy Winehouse vorgeworfen hat, dass er ein Plagiator ist. Aber es ist auch letztendlich wie immer:

(…)William "Dienst nach Vorschrift, das ist gut."


Russel: "Ich konnte früher mal alles hören. Alle Töne der Welt. Einfach alles. Für mich war das alles wie Musik. Jetzt ist nur noch Stille, ich kann nicht mehr…"

Und vielleicht ist es genau das, was den schmalen Grad von UPTOWN SPECIAL ausmacht auf dem das Album wandelt. Es repräsentiert Musik, die zumindest in Deutschland immer schon in „anderen“ Clubs gelaufen ist, Schubladen erst möglich gemacht hat, um dann im Laufe der letzten 15 Jahre entdeckt zu werden, allerdings keine Lobby bekommen hat, jetzt die Chance dazu hätte, aber wiederum abgelehnt wird, weil es der Musikpolizei zu kopiert und im musikalischen Stil zu unwichtig erscheint. Daft Punk hatten noch den Vorsprung der Elektronik und haben es immerhin geschafft einen Giorgio Moroder auf einen Stellenwert zu erheben, den ich ihm sehr wohl gönne, den er aber z. B. im Vergleich zu Conny Plank oder den vielen wegweisenden Bands aus Electri_City Düsseldorf nicht verdient hat.

Vielleicht noch ein Wort zu den Soundmachern- und Musikern unter ihnen: Sie werden hier polyphone Synthesizer, Basssounds und Schlagzeugbeats hören, die ihnen die direkt die Fussnägel abfallen lassen. Oder Sie vielleicht hektisch veranlassen die Kiste in ihrem Keller zu suchen, in der die Kassetten von damals sind. Die mit den Radioaufnahmen! Viel Spaß beim suchen.

Bei den ganzen Samplertechniken von heute ist es fast so etwas wie ein museales KlingKlangStudio durch das man hier akustisch wandelt und ungläubig mit dem Kopf schüttelt.

UPTOWN SPECIAL ist vielleicht kein Meilenstein. Kann es gar nicht, weil es im Prinzip eine neu eingespielte Yachtmusikcompliation-Scheibe ist. Aber verdammt nochmal sie macht Spaß. Eben auch weil sie zwischendurch mal albern bis grotesk klingt. Aber sie ist auch mutig und mit zwei, drei Nummern auch echt einschüchternd. Das Album wird uns alle noch ein wenig beschäftigen.

Alan Lomax

Die Zitate stammen aus dem Almost Famous von Cameron Crowe

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