Griechischer Wein
In diesen Zeiten wo Rassimus und Hetze wieder Alltag -in diesem d. b. armseeligen Land sind- fehlt jetzt schon ein Künstler wie Jürgens, der dem Volk ohne Ironie und Sarkasmus klar macht, dass es hier um Menschen geht. Und zu dem ein Mann der den vielen Tante Emma's und Onkel Willi's und den ganzen dummen Pegidamenschen einfach mal erklärt, dass man den Blickwinkel der anderen Seiten einnehmen sollte, bevor man urteilt.
So ein Udo Jürgens hat es in den 1970s auch nicht einfach gehabt. Er musste sich wahrscheinlich permanent gegen den Politik- und Progressivblog verteidigen. Konstantin Wecker, Wolf Biermann, Ton Steine Scherben und auch der aufkommende Underground hat/haben gerne gegen die scheinbar klein-bürgerlichen Songs von Jürgens gehetzt. Und na klar, dass war was für Spießbürger, nicht für die Jugend. Das wird schnell vergessen. Erst später hat sich so etwas wie ein Konsens entwickelt oder ein Verständnis dafür, dass der gute alte deutsche Schlager oftmals grandioses Entertaintment gewesen ist, welches die Leute eben unterhält, aber auch mal zwischenzeitlich auf etwas hinweist. Und ein Entertainer im Sinne der Unterhaltung kennt keine musikalische Genreschubladen und macht keine Unterschiede zwischen Rock, Jazz, Blues, Schlager oder Swing. Für einen wie Udo Jürgens ist das alles Musik gewesen.
Was ich sagen will: Einen Satz, eine Textzeile wie:
Griechischer Wein ist so wie das Blut der Erde.
Komm', schenk dir ein und wenn ich dann traurig werde, liegt es daran,
dass ich immer träume von daheim; du musst verzeih'n.
Griechischer Wein, und die altvertrauten Lieder.
Schenk' nochmal ein! Denn ich fühl' die Sehnsucht wieder;
in dieser Stadt werd' ich immer nur ein Fremder sein, und allein.
....wurde verstanden! "Gastarbeiter" bekammen nach 1.000.000en von verkauften Singles ein neues Gesicht, eine Position. Und zwar eine die auch der sogenannte "kleine Mann" verstand.
Und genau das ist es was uns dieser österreichische Billy Joel hinterlässt. Den poetischen, standfesten und ehrlichen Blick auf eine Gesellschaft, so wie sie nun einmal ist, ohne sie zu beurteilen, aber immer motivert genug zu beschreiben worum es geht und wie es sein könnte, wenn alles voll von Melodien und einem Song ist (Piano Man).
Udo Jürgens war der Lieblingssänger meiner Mutter! "Und immer, immer wieder geht die Sonne auf", zwitscherte sie nicht nur ein paar Mal am Morgen oder am Abend oder wenn es ihr schlecht ging und ich nicht verstand, was in ihr vorging. The Healing Game! ...und das für Millionen von Menschen und Generationen! Unglaublich, was für eine Leistung! Dieser Mann wird uns allen fehlen, weil es keinen Ersatz geben wird und er uns alle geprägt oder begleitet hat wie kein anderer in diesem Land, für das man sich noch immer schämen muss, weil sie eben immer noch auf die Straßen gehen, auch ohne Führer (um mal den anderen Udo zu zitieren)!
Alan Lomax